Im Rahmen des Festivals Leisure & Pleasure spielt Hans Unstern das allerletzte Konzert in Berlin – als Hans Unstern. Danach nimmt Hans Unsterns Metamorphose neue Formen an, die einen neuen Namen braucht.
Auf DIVEN, dem jüngsten Album von Hans Unstern, finden sich kontrasexuelle Lovesongs, Multispezies-Zeitmeditationen und die unverschämte Poesie der Erfahrungsräume unangepasster Köper. Für die große Bühne gemacht, changieren Hans Unsterns Liedtexte unter anderem zwischen modernen Märchen, Kritik am Mythos der binären Geschlechterordnung und an den eigenen Arbeitsverhältnissen im Kapitalismus. Seit dem Album The Great Hans Unstern Swindle vor gut 10 Jahren bauen Hans Unstern und Simon Bauer experimentelle Harfen in ihrer Untergrund-Werkstatt. Zuletzt die elektro-akustische V-Harfe, bestehend aus 8 unterschiedlich klingenden Modulen, die alle Sounds dieses Konzertes erzeugen. Musikalisch bewegt sich DIVEN zwischen lyrischer Sanftheit und Punk-Momenten, von pompösen Slide-Harfen-Wolken bis hin zu improvisierten, freien Sequenzen.
METAMORPHOSE MÄRCHEN
Es waren einmal diverse Raupen. Sie lebten wie die Maden im Speckgürtel gegenseitiger Futter-Inspiration. Sie lebten in einer Paradies-Blase. Sie hatten mehr Ideen als sie fressen konnten: die eine tischte Frühtau zum Frühstück auf und Mehltau für den kleinen Hunger direkt danach, die nächste Peaches-Baum-Blätter in Hülle und Fülle zum Lunch, zum Nachtisch Bart-Läuse mit Honig, eine fand eine Torte und sie fraßen sich Tunnel in die Schoki, als Sahnehäubchen gab's einen Kloß, dann war Löwenzahn-Snacktime, später Zwischen-Knuspern an der Bordsteinkante, zum Abendbrot kiloweise halbherzige Sektkorken, zum Nachtisch Arsch-Wackel-Pudding und Absacker im Silver Future. Endlich, am nächsten Morgen, hinter der Blattnarbe der Zitterpappel, erwachten sie, fett und reif und lachten sich ins Fäustchen. Es würde der dickste Kokon werden, den die Welt je gesehen hatte. Und er würde triefen. Und die Raupen-Gang würde sich im Innern unter Ausschluss der Mehrheitsgesellschaft auflösen und sich sofort einem Prozess des sich Neu-Zusammen-Setzens ergeben. Etwas geschah mit den Raupen, was sie nicht mehr verstehen konnten. Sie fragten sich eh, ob sie jemals die Fäden in der Hand gehabt hatten, oder ob es die Sekrete aus ihren Mündern waren, die die Geschichten gesponnen hatten, die sie sich zwischen den Mahlzeiten erzählt hatten. Der Kokon hielt dicht. Zeit verging. Unklar, wie viel. Vielleicht Sekunden. Es zuckte und puffte, der Kokon brach, Sonne wärmte, Flügel schlugen, die Kokon-Blase platzte. Heraus kamen mehr Flügeltierchen als Raupen hineingegangen waren. Türkis schillernde Muster, Wachstums-Lila in allen Schattierungen, blau verträumte Augenlinien, schwarzes Schimmern. Mehr Farben entfalteten sich, als die Raupen damals mitgebracht hatten. Ein Freuden-Flatter-Tanz erhob sich als Schmetterlings-Wolke. Die Metamorphose war schmerzlos und perfekt.