Eine der schönsten Action-Szenen der letzten Zeit findet sich in der Neuauflage von ?Star Trek?: Der junge Captain Kirk springt mit Sulu und einem dritten Mann, der namenlos bleibt und der Logik der Serie entsprechend ein paar Sekunden später draufgeht, aus einem Raumschiff, sie stürzen lange ohne geöffnete Fallschirme auf eine schwebende Plattform zu, die Arme eng angelegt, die Köpfe Ausschau haltend nach unten gedreht. Lustig zu sehen, mit welch simplem Kniff Regisseur J. J. Abrams die Szene gedreht hat: Die Schauspieler stehen auf großen blank geschliffenen Platten, in welchen sich der Himmel spiegelt ? und die Crew sorgt mit Windmaschinen, Föhns und Kamerarütteln dafür, dass alles nervenaufreibend wirken kann. Die Kombination von Föhn und Spiegel, von Haarpflegeutensil und reflexivem Instrument, erinnert an die ersten Seiten von Joyces ?Ulysses?, wenn Buck Mulligan aus dem Turm ins Freie tritt, ?ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein Spiegel und ein Rasiermesser lagen.? Das soll die Kunst, Reflexives bieten und gleichzeitig Position beziehen. Seiten und Stücke und Serien bauen ein Labyrinth unserer Kultur, einen Irrgarten mit Kanten und Gegenwind ? verliert die Französin sich vollends darin, spricht sie von der Mise-en-abyme, von einem Loop, der einen Abgrund auftut, einen mitreißenden Mahlstrom des Artifiziellen. Diesen Griff in die Zauberkiste nutzt die Musikerin M.I.A. für ihren aktuellen Internetauftritt, wo sich der eigene Computer-Arbeitsplatz mit den geöffneten Fenstern zu verschieben und zu pervertieren scheint, als wäre ein Virus ins System eingedrungen. Ich frage mich: Wie nah lasse ich etwas an mich heran? Welche Grenzen müssen überschritten werden, damit mich etwas bewegt, und wohin führt diese Bewegung? ?Cause every time / We try to get close / There is always something that I?m thinking about? (M.I.A., ?XXXO?) Schritte zurück, ein haltloses Vorwärts-Stürzen, ein Gang durchs abgedunkelte Spiegelkabinett, und dann kommen wir uns immer noch nicht näher, aber alle miteinander! Prinzipien der Serie: Gleicher Rahmen, anderer Inhalt, Umgruppierung der Figuren, Verdichtungen, Auflösungen, Andeutungen, Liebe, Leid, Aufgewärmtes, Auswechslungen, Katastrophenhäufung. Selbstbespiegelung und scharfe Cliffhanger.
Sibylle Vogtmüller