Tiere reden nicht, jedenfalls nicht so wie wir und nicht mit uns. Umso differenzierter sind jedoch die Kommunikationsformen jenseits der stimmlich artikulierten Verbalsprache, insbesondere in der körperlichen Bewegung. Dies gilt nicht nur für das Verhältnis von Mensch und Tier, sondern auch für das Verhältnis der Tiere untereinander, innerhalb der Arten und dazwischen. Die kommunikativen Akte körperlicher Bewegung lassen sich als Tänze beschreiben: Man denke an Dressurreiten oder Dog Dancing, an Vogelmännchen bei der Balz oder Bienen bei der Wegbeschreibung zur Futterquelle. Man denke aber auch an Volkstänze, in denen Menschen für andere Menschen Tiere mimen, und insbesondere an jene künstlerischen Arbeiten, die sich derzeit kritisch mit Animalität und der Mensch-Tier-Beziehung auseinandersetzen. Was kann man also lernen aus den material-semiotischen Tänzen zwischen Menschen und Tieren?
Aus Anlass der Wiederaufnahme von Martin Nachbars Solo Animal Dances an den Sophiensælen soll dieses Themenfeld nun in einem künstlerisch-wissenschaftlichen Workshop entfaltet werden. Die Tanzwissenschaftlerin GABRIELE BRANDSTETTER und der Choreograf ANDROS ZINS-BROWNE diskutieren die Rolle von Tieren in der zeitgenössischen Choreografie. Der Biologe und Philosoph CORD RIECHELMANN und die Kulturwissenschaftlerin KARIN HARRASSER widmen sich den Tänzen von Vögeln. Der Philosoph FAHIM AMIR beleuchtet die politische Sprengkraft von Tieren in den Städten. Martin Nachbar gibt eine Einführung in die somatischen Techniken der mimetischen Einfühlung in Tiere.
Das künstlerische Programm umfasst MARTIN NACHBARs Solo Animal Dances, das den Effekten und Wirkkräften nachspürt, die entstehen, wenn Menschen Tiere nachahmen.
Krõõt Juurak + Alex Bailey werden über eine Woche Tanzperformances für Haustiere in Berliner Privathaushalten aufführen. In den Sophiensælen stellen sie die Technik ihrer Performances for Pets vor und berichten über ihre Erfahrungen. Der bildende Künstler AGENTUR veranstaltet eine Versammlung, in der er mit Spezialist_innen aus diversen Fachgebieten die juristische Frage diskutiert, ob Elefanten tanzen können.
PROGRAMM
Freitag, April 22
Tickets 13/8 €, bei schlechtem Wetter bitte regenfeste Kleidung mitbringen
19 Uhr
GABRIELE BRANDSTETTER (Berlin): Mensch, Tier, Ding. Grenzverschiebungen im modernen und zeitgenössischen Tanz (Vortragssprache Englisch)
20 Uhr
MARTIN NACHBAR: Animal Dances (Outdoor-Tanzperformance)
Samstag, APRIL 23
Performances, Vorträge, Theorie- und Bewegungsworkshops
Ticket 13-20 Uhr 7/5 €
Ticket 20-open end 7/5 €
Tagesticket 13/8 €
13 Uhr
MARTIN NACHBAR (Berlin): Einführung in die somatischen Techniken der mimetischen Einfühlung in Tiere (Vortragssprache Englisch)
14.30 Uhr
***Der Vortrag von Cord Riechelmann muss leider krankheitsbedingt entfallen.***
Ersatz: MAXIMILIAN HAAS (Berlin): Balthazar as Protagonist, the Problem of Action, and the Human-Animal Divide (Lecture in English)
KARIN HARRASSER (Linz): Attuned. Eine ästhetische und epistemologische Kategorie?
(Vortragssprache Deutsch mit englischem Handout)
17 Uhr
FAHIM AMIR (Wien): The Swinish Multitude: Reflections on Riots in the City.
ANDROS ZINS-BROWNE (Brüssel): I'd Prefer Not To. Notes on a Choreography for Camels
(Vortragssprache Englisch)
20 Uhr
KRÕÕT JUURAK + ALEX BAILEY: Performances for Pets (Performance/Präsentation, Englisch)
21.15 Uhr
AGENTUR Versammlung (Animal Dances - Menschen, Tiere, Relationen) (Performance/Gespräch, Englisch)
Mit ALICE CHAUCHAT (Choreografin, Performerin, Dozentin), Juniorprof. Dr. SUSANNE FOELLMER (Tanz- und Theaterwissenschaften, Freie Universität Berlin), KOBE MATTHYS (Agency), IRENE MOESSINGER (et. al. Coach, Centered Riding Instructor Level 1, Equilibre-Pratice at Gut Reichenow), Prof. Dr. iur. EVA INÈS OBERGFELL (Professorin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Humboldt-Universität zu Berlin)
MARTIN NACHBAR ist Choreograf, Performer, Forscher und Kurator. Seine bisher mehr als 20 Stücke, darunter Animal Dances, touren zum Teil international bis nach Japan, Australien und Kanada. Über seine choreografische Arbeit hinaus geht Martin Nachbar immer wieder auch Einladungen als Performer, Pädagoge, Autor und Juror nach.
MAXIMILIAN HAAS ist Dramaturg und Kulturwissenschaftler und lebt in Berlin. Er studierte Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen und war zuletzt an der Volksbühne Berlin engagiert. Daneben kollaboriert er als Dramaturg mit unterschiedlichen Künstler_innen wie David Weber-Krebs, Hannah Hurtzig/mobile academy berlin und Lucie Tuma/chuck morris.