Musiktheaterkollektiv Hauen & Stechen: Cazza Ragazza - Puccinis letztes Lied – Sophiensæle | Freies Theater in Berlin

Musiktheaterkollektiv Hauen & Stechen:
Cazza Ragazza - Puccinis letztes Lied

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Ich liebe Autos!

G. Puccini

Puccini war sehr berühmt. Wir kannten ihn. Schöne Frauen, schnelle Autos und große Immobilien. Italienisch, viril, melancholisch. Dabei ist die nervöse Melancholie Puccinis mehr als Lifestyle. Sein Spiel mit den Gefühlen wird zur Raserei. Weder ein Autounfall noch der Kehlkopfkrebs konnten ihn kaltmachen, aber der gähnende Abgrund des Seins strahlt metallisch und radioaktiv auf seinen kranken Körper und weg ist Giacomo, als wäre er nie da gewesen.

Mit einem Fuß in der Moderne und mit der ganzen Familie im konservativen Italien des 19. Jahrhunderts komponiert Puccini das Gefühl, das über die Logik siegt. Die emotionale Mobilisierung wird zur Hauptsache. Während der Strippenzieher am Martini nippt und Enten jagt, erweist sich die Geschichte wieder mal als der größere Maestro: Die Sentimentalitätsmaschine kann nicht mehr aufgehalten werden. Massen berühren kann auch bedeuten, Massen zu bewegen. Romantik und Gewalt verschmelzen und bürgerlich gezähmte Katharsis schwenkt um in Populismus und Ressentiment. Mussolini ist auch im Publikum. Gestern applaudierte er noch als Sozialist und heute ist er schon Faschist.

Mit der großen Abschlussinszenierung der Serie Die Todesqualle zeigt Hauen-und-Stechen ein theatrales Biopic der Superlative. Cazza Ragazza ist Verzweiflung, Liebe und Eifersucht - eine Oper, in der das Werk Puccinis und die Regebogenpresse Auskunft über sein bewegtes Leben geben. Ein Jahrhundert später, in einer Zeit der Verdichtung, in der emanzipatorische und totalitäre Bewegungen erneut diffuse Allianzen bilden, schlagen wir die Manipulation mit ihren eigenen Waffen. Spekulation ist dabei alles und wer sich nicht anschnallt, wird zu Staub.


Die Damen und Herren von „Hauen und Stechen“ sind das Intelligenteste, auch Lustigste, was der Off-Szene seit langem passiert ist.

(Kai Luehrs-Kaiser, tip Berlin vom 09.03.2017)

Premiere

SOPRAN Angela Braun, Vera Maria Kremers BARITON David Ristau SCHAUSPIEL Gina-Lisa Maiwald, Günter Schanzmann KLAVIER, ORGEL Roman Lemberg VIOLA, KOMPOSITION Louis Bona SCHLAGWERK Hauke Renken SOUNDINSTALLATION Vera Buhß REGIE Franziska Kronfoth, Julia Lwowski MUSIKALISCHE LEITUNG Roman Lemberg DRAMATURGIE  Maria Buzhor, Johanna Ziemer BÜHNE Günter Hans Wolf Lemke MITARBEIT BÜHNE Hsuan Huang KOSTÜME Christina Schmitt VIDEO Martin Mallon REGIEASSISTENZ Wieland Lemke HOSPITANZ Christina Hilkens Maske Valeria Popov

Eine Produktion des Musiktheaterkollektivs HAUEN•UND•STECHEN in Koproduktion mit SOPHIENSÆLE. Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes. medienpartner: taz.die tageszeitung

Foto © Thilo Mössner

Hauen & Stechen wurde als Labor für ein bewegendes, grenz- und genreübergreifendes Musiktheater gegründet. Es arbeitete zunächst in den Kellern der Galerina Steiner, wo das Kollektiv mit einer besonderen Performancereihe auf sich aufmerksam machte: Ein Inszenierungsparcours wurde an einem Abend bis zur vollen Erschöpfung für verschiedene Gruppen gespielt. Hier entwickelte es seinen Stil, der Einflüsse aus Oper, bildender Kunst und Film mit performativen Elementen zu einer eigenwilligen und opulenten Theatersprache mischt. Die Stücke lassen bewusst Zwischenräume für Impulse und Wechselwirkung mit den Zuschauer*innen und finden in einer intensiven räumlichen Nähe statt.

 

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