Sophienstrasse 18
10178 Berlin-Mitte
Saison 24/25

Beiträge zur dekolonialen Kritik

SOP_HP_Zirkus_1200x900
Beiträge zur dekolonialen Kritik
Symposium
Auf Deutsch und Englisch

Unter dem Stichwort der dekolonialen Kritik wird derzeit in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft die eigene koloniale Verstricktheit reflektiert. In diesem Diskurs wird der Kolonialismus nicht als ein zeitlich und räumlich ferner Zusammenhang begriffen, welcher mit der historischen Dekolonisation Mitte des 20. Jahrhhunderts abgeschlossen wäre; sondern als grundsätzliche Strukturierung der Moderne verstanden. Unsere Welt ist durchzogen von einer kolonialen Matrix, einer Grammatik, die beispielsweise das Polizeirecht weißer Siedler in der Kolonie Deutsch-Südwest-Afrika genauso ermöglicht, wie die gegenwärtige polizeiliche Praxis des Racial Profiling. Aber auch bisher unverdächtige Begriffe, wie Ästhetik, und deren Apparate, wie White Cube und Black Box, erscheinen seltsam gewalttätig im neuen Licht der Dekolonialität.

In Beiträge zur dekolonialen Kritik sprechen Denker*innen mit dem Publikum und miteinander über zentrale Begriffe und Zusammenhänge für die dekoloniale Arbeit in Deutschland im Jahr 2019. Wir beginnen mit einer Begriffsklärung. Der Zürcher Kulturanthropologe Rohit Jain wird einige Begriffe, mit denen derzeit gearbeitet wird, u.a. Postkolonialismus, (De)Kolonialität und Diversity, ordnen und in einem europäischen und globalen Zusammenhang problematisieren. Weiter geht es mit einem Herzstück der Dekolonialität, nämlich der Kritik am philosophischen Universalismus. Die documenta Professorin Nora Sternfeld wird dem entgegen über Geschichte und Möglichkeiten eines Universalismus der Marginalen sprechen. Zu guter Letzt beschäftigen wir uns mit der Frage nach dem Kolonialismus der Anderen. Die Protestforscherin Olga Reznikova präsentiert uns Inneneinsichten eines nicht-westlichen russischen Imperialismus.

JULIAN WARNER arbeitet als freier Kulturanthropologe an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kulturanthropologie der Georg-August-Universität Göttingen, Dramaturg und Performer diverser Performances von Oliver Zahn sowie Dramaturg und Ethnograph von Anta Helena Reckes Schwarzkopie von Mittelreich. Julian Warner ist gemeinsam mit Elisa Liepsch Ko-Herausgeber des Sammelbandes ALLIANZEN — Kritische Praxis an weißen Institutionen und arbeitet als Kurator am Künstler_innenhaus Mousonturm in Frankfurt, den Sophiensælen in Berlin und den Münchner Kammerspielen. Er unterrichtet Seminare und Workshops an Universitäten und Kunstinstitutionen im In- und Ausland.

NORA STERNFELD ist Kunstvermittlerin und Kuratorin. Sie ist documenta Professorin an der Kunsthochschule Kassel und Co-Leiterin des /ecm – Masterlehrgangs für Ausstellungstheorie und -praxis an der Universität für angewandte Kunst Wien. Sternfeld ist Gründungsmitglied von trafo.K (Büro für Bildung, Kunst und kritische Wissensproduktion Wien) und seit 2011 Teil von freethought (Plattform für Forschung, Bildung und Produktion London). Sie war eine der künstlerischen Leiter_innen der Bergen Assembly 2016 und publiziert u.a. zu zeitgenössischer Kunst und Antirassismus.

ROHIT JAIN ist Forscher am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaften (ISEK) der Universität Zürich und arbeitet als Geschäftsführer des postmigrantischen Think & Act Tank Institut Neue Schweiz (INES). Er publizierte u.a. zu postkolonialen öffentlichen Räumen zwischen der Schweiz und Indien. Jain war beteiligt an den künstlerischen Forschungsprojekten zur Rolle von Goldhandel für den öffentlichen Raum der Schweiz (Zürcher Hochschule der Künste) sowie zu Urban Citizenship (Shedhalle Zürich) und ist Mitbegründer des rassismus-kritischen Humorfestivals Laugh Up. Stand Up! sowie des Salon Bastarde, einer Reihe postmigrantischer Happenings in Zürich.

OLGA REZNIKOVA hat am St. Petersburger Institut für Jüdische Studien und an der LMU München studiert und Abschlüsse in den Fächern Europäische Ethnologie, Soziologie und Geografie an der LMU München (2012). Ihr wissenschaftliches Interesse liegt im Bereich Antisemitismusforschung, feministischer und postkolonialer Theorien sowie in der ethnographischen Erforschung der Arbeiter_innen-Proteste und Streiks. Derzeit promoviert sie an der Georg-August-Universität in Göttingen im Fach Kulturanthropologie zum Thema LKW-Fahrer Proteste in Russland.

MIT Nora Sternfeld, Rohit Jain, Olga Reznikova MODERATION Julian Warner

SOP_HP_Zirkus_1200x900
© Jan Grygoriew
Hochzeitssaal